Deutsche Wärmekonferenz 2018

Starkes Signal an kommende Regierung

Punktgenau und zeitgleich zu den Koalitionsverhandlungen fand am Dienstag, dem 30. Januar 2018, die 9. Deutsche Wärmekonferenz statt. Über 220 hochrangige Vertreter aus Politik, Verbänden, Industrie und Medien kamen ins Radisson Blu Hotel im Herzen Berlins, um über die Zukunft des Wärmemarktes und die Wärmewende zu diskutieren.

Die Deutsche Wärmekonferenz gab den Koalitionären noch einige starke Signale pro Wärmewende mit auf den Weg, zusammengefasst in einem Forderungskatalog mit sechs Kernpunkten der veranstaltenden Verbände Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) und Deutscher Großhandelsverband Haustechnik (DG Haustechnik). Kooperationspartner waren erneut die Messe Frankfurt und der VMW Verlag.

Der Hauptgeschäftsführer des ZVSHK, Andreas Müller, begrüßte die Konferenzteilnehmer und drang auf eine Beschleunigung der energetischen Modernisierung des veralteten Anlagenbestands. Ohne die forcierte Hebung der immensen Energieeinspar- und CO2-Minderungspotenziale könnten weder die Energiewende geschafft noch die Klimaschutzziele erreicht werden.

Die Moderation des Blocks I der Wärmekonferenz „Politik und Wirtschaft im Dialog“ übernahm im Folgenden der Hauptgeschäftsführer des BDH, Andreas Lücke. Lücke begrüßte zu Beginn die Ehrengäste der Deutschen Wärmekonferenz, den Präsidenten des französischen Schwesterver-bandes des BDH, Uniclima, François Frisquet, sowie den HGF von Uniclima, Jean-Paul Ouin. Lücke hob die enge Verknüpfung der französischen und deutschen Heizungsindustrie sowie die gute Zusammenarbeit der Verbände Uniclima und BDH innerhalb des europäischen Verbandes Association of the European Heating Industry, EHI, hervor.

Marzin stellte einen engen Zusammenhang zwischen den zentralen Themen der Deutschen Wärmekonferenz und der internationalen Leitmesse für die Branche, die ISH, in Frankfurt her. Die Themen „Doppelstrategie aus Energieeffizienz und erneuerbaren Energien“, „Sektorkopplung“ und “Digitalisierung“ stünden im Vordergrund der ISH Energy. Die Veranstaltung spiegele damit die dynamische technologische Entwicklung hin zu Systemen, mit denen die enormen Energieeinspar- und CO2-Minderungspotenziale im Wärmemarkt gehoben werden könnten. Marzin drückte seine Freude über die Entscheidung der ISH-Trägerschaft aus, Frankreich als Partnerland der ISH zu gewinnen.

Die Keynote der Deutschen Wärmekonferenz übernahm Thorsten Herdan, Leiter der Abteilung Energiepolitik – Wärme und Effizienz im BMWi. Perspektivisch sieht Herdan die Fortführung der Arbeiten an dem GebäudeEnergieGesetz (GEG). Nach wie vor sei es richtig und erforderlich, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammenzuführen. Steuerliche Anreize sieht Herdan aufgrund eines gewachsenen Konsenses hierüber als gesetzt an. Auch nahm Herdan Stellung zu Langfriststrategien für das Energiesystem. Er sieht hier keinen all-electric-Ansatz, sondern plädiert für einen technologieoffenen Ansatz. Exemplarisch nannte er das infrastrukturelle Erfordernis, neben dem Stromnetz auch ein Gasnetz beizubehalten.

BDH-Präsident Manfred Greis nahm den Ball von Herdan auf und wies zu Beginn seines Vortrags auf die enormen Energieeinspar- und CO2-Minderungspotenziale des Wärmemarktes hin. Noch immer, so Greis, herrsche ein Modernisierungsstau in den deutschen Heizungskellern. Die Politik müsse die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen zur Hebung der Potenziale im Wärmemarkt. Greis zeigte auf, dass – gemessen am gesamten Endenergieverbrauch Deutschlands mit knapp 2.500 TWh – der Anteil von Strom nur bei knapp 20 % liege. Wie Herdan sieht auch Greis einen all-electric-Ansatz als nicht tauglich an, den großen Herausforderungen an den Umbau des Energiesystems Deutschlands und an die Veränderung des Technologiemixes Rechnung tragen zu können. Er plädierte ebenfalls für Technologieoffenheit und marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen für den Wärmemarkt. Solche Rahmenbedingungen böten heute und in Zukunft Anreize für die Industrie, über Innovationen weitere technologische Fortschritte zu erzielen.

Greis verwies auf ein gemeinsames Positionspapier von BDI, BDEW, DGB, ZDH und dena, maßgeblich inhaltlich mitgestaltet und getragen von BDH und ZVSHK. Hier fordern die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft ein steuerliches Anreizmodell für Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen im Gebäudebereich: 30 % der Investitionssumme absetzbar von der Steuerschuld, über 3 Jahre hinweg. Laufzeit des Programms 10 Jahre.

Initiative Brennstoffzelle stellt sich neu auf

Ebenfalls im Rahmen der Wärmekonferenz gab die Initiative Brennstoffzelle (IBZ) ihre Neustrukturierung bekannt. Die IBZ wird künftig von zwei Sprechern nach außen vertreten: für die Kommunikation im politischen Raum ist Andreas Lücke (Hauptgeschäftsführer BDH) erster Ansprechpartner, die Marktkommunikation liegt in den Händen von Dr. Timm Kehler (Geschäftsführer Zukunft ERDGAS). Die neue Organisationsstruktur trägt der Weiterentwicklung des Marktes und den damit einhergehenden neuen Aufgaben Rechnung.

Fachhandwerk und Großhandel stehen als Marktpartner für die Wärmewende bereit

Der Präsident des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, Friedrich Budde, machte in seinem Statement deutlich, dass das SHK-Fachhandwerk als Umsetzer der Energiewende im Wärmemarkt bereitstehe. An die Adresse einer neuen Bundesregierung appellierte er, auf energie- und klimapolitischem Aktionismus zu verzichten und das Handwerk mit marktgerechten Steuerungsmechanismen zu unterstützen. Sanierungswillige Anlagenbetreiber im Lande warteten auf klare Signale und Anreize von Seiten der Politik. Dann ginge es mit der Energiewende in deutschen Heizungskellern voran.

Auch Barbara Wiedemann, 2. Vorsitzende DG Haustechnik, sieht den Fachgroßhandel gut aufgestellt. Der SHK-Großhandel sei Dienstleister des Wärmemarktes und der Energiewende in Gebäuden. Das gelte sowohl im Bestand als auch im Neubau. Der Beitrag des Fachgroßhandels bestehe einerseits im nachhaltigen und effizienten Vertriebsweg und zum anderen in der Warenbevorratung und Lieferung. Zudem informiere der Großhandel zusammen mit den Partnern aller Vertriebsstufen über die Themen Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Wärmemarkt.

Andreas Kuhlmann, Sprecher der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) und Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), skizzierte dringend notwendige Maßnahmen für die Energiewende im Gebäudebereich: Um die Wärmewende endlich in Schwung zu bringen, brauche es so schnell wie möglich neue Anreize für die energetische Sanierung, vor allem mittels einer gut ausgestatteten steuerlichen Förderkomponente. Außerdem sollten ein neues Energiegesetz rasch auf den Weg gebracht und die Energieberatung deutlich gestärkt werden. Im Rahmen seines Statements verglich Kuhlmann außerdem die geea-Gebäudestudie „Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor“ mit der unlängst erschienenen BDI-Studie „Klimapfade für Deutschland“. „Die BDI-Studie sieht wie die geea-Gebäudestudie grundsätzliche Vorteile in der Technologieoffenheit, zahlreiche Annahmen und Ableitungen sind sehr ähnlich.

Allerdings setzt die BDI-Studie stärker auf Elektrifizierung im Gebäudebereich und weniger auf synthetische Brennstoffe auf Basis von Power-to-X-Technologien. Aus unserer Sicht sollte der Pfad hier möglichst offen gehalten werden, um Wettbewerb und Innovationen nicht einzuschränken“, kommentierte Kuhlmann.

Der Moderator der beiden weiteren Panels der Wärmekonferenz, Klaus Stratmann (Handelsblatt) betonte zu Beginn, zwar könnten die ursprünglich vorgesehenen Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der GRÜNEN heute nicht teilnehmen, allerdings hätten die Veranstalter mit Frau Dr. Anke Tuschek, Mitglied der Hauptgeschäftsführung im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), und Andreas Kuhlmann, Chef der dena, zwei kompetente Panelisten gewinnen können. Stratmann bat Uwe Glock um seine Wunschliste für die Koalitionsverhandlungen. Glock verwies auf den zur Wärmekonferenz von BDH, ZVSHK und DGH erarbeiteten Forderungskatalog für die Koalitionäre mit insgesamt sechs Punkten:

1. Technologieneutrale Förderung für mehr Dynamik in der Gebäudesanierung Mit einer Strategie „so wie bisher“ könne der Modernisierungsstau nicht aufgelöst und damit auch die Klimaschutzziele nicht erreicht werden.

2. Technologieoffene Förderstrategie Glock verwies darauf, dass das vom BMWi geplante Auslaufen der Förderung von Brennwerttechnik eine bedeutende Option für bezahlbaren Klimaschutz und im Übrigen auch die Technologieoffenheit der Förderung aushebeln würde.

3. Verzicht auf ordnungsrechtliche Gebote und Verbote im Gebäudebestand Ordnungsrechtliche Zwänge führten in der Regel zu Attentismus bei Investoren.

4. Ein Langfristszenario auf Basis eines ausgewogenen Technologiemixes Glock votierte für technologieoffene Szenarien mit deutlich niedrigeren volkswirtschaftlichen Gesamtkosten. ZVSHK, BDH und DGH setzten auf eine ideologiefreie Klimaschutzstrategie auf marktwirtschaftlicher Basis.

5. Sicherung des freien Wettbewerbs im Wärmemarkt Fern- und Nahwärme sei sinnvoll, wenn wirtschaftlich. Die drei Verbände lehnten Anschluss- und Benutzungszwänge für Verbraucher ab, so Glock.

6. eine international harmonisierte Klimaschutz- und Energiepolitik Glock verwies auf die dringende Notwendigkeit, europäische und internationale Zielmarken umzusetzen und nicht auf nationale Alleingänge zu setzen.

Die folgende Diskussion zeigte auf, dass insbesondere Prof. Martin Neumann, MdB von der FDP, die sechs Punkte teilte und unterstrich. Auch MdB Ralph Lenkert, DIE LINKE, setzt auf politische Ziele, die dann aber ohne weitere Vorgaben über die Umsetzung durch die Privatwirtschaft auskommen müsse. Der Vizepräsident des ZVSHH, Michael Hilpert, forderte dazu auf, die Priorität nicht mehr auf das Setzen neuer Ziele, sondern auf die konkrete Umsetzung der Wärmewende zu setzen. Frau Dr. Tuschek und Herr Kuhlmann forderten eine technologieoffene Strategie für eine optimale Weiterentwicklung des deutschen Energiesystems.

Wärmekonferenz erstmals mit europäischen Themenblock

Ein Novum bildete der erste europäische Themenblock „Europäische Strategien für Klima- und Ressourcenschutz“. Ulrich Benterbusch, Ministerialdirigent im BMWi, Sabine Augustin, Vorsitzende des Strategieausschusses des Verbandes Eurogas, Klaus Jesse, Vorsitzender der association of the European Heating Industry (EHI), Adrian Willig für den Verband Eurofuel, François Frisquet, Präsident des französischen Herstellerverbandes Uniclima, und Anne Katherina Weidenbach von der Europäischen Kommission diskutierten die Wärmewende aus europäischer Sicht. Das Panel zeigte auf, dass Energie- und Klimaschutzpolitik nicht mehr national, sondern europäisch oder sogar international harmonisiert werden müssen.